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Vietnam brilliert mit Stabilität
Lang erwartete politische Reformen könnten mehr Anleger locken.
Das Interesse der Anleger kommt zurück: «Vietnamesische Aktien scheinen für viele Investoren wieder attraktiv», meint Marco Martinelli. Der Schweizer ist Portfolio-Manager bei der Dragon Capital Group in Ho-Chi-Minh-Stadt. Dragon Capital ist der grösste private Asset-Manager Vietnams. Die Kurse in Ho-Chi-Minh-Stadt haben 2013 über 27% gewonnen. Seit Anfang Jahr sind es schon 18%.
Besonders die wirtschaftlichen Aussichten versprechen einen weiteren Aufwärtstrend: «Das Makroumfeld hat sich nicht nur stabilisiert, sondern wir befinden uns nun in einer zyklischen Erholung», meint Martinelli. Für dieses Jahr rechnet er mit einem Wachstum von um die 6% bei einer relativ niedrigen Inflation, die weit unter der Zielmarke von 7% liegt. Daher muss die Zentralbank nicht mehr mit hohen Zinsen einschreiten. Noch 2012 mussten die Zinsen bis auf 15% erhöht werden, um Inflation und Währung unter Kontrolle zu bringen.
Zinsen werden gesenkt
Die neue Stabilität zahlt sich nun aus. Anfang Woche hat die Notenbank die Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt gesenkt. Das soll den Konsum anheizen. Der Export boomt schon länger. Der Leistungsbilanzüberschuss betrug letztes Jahr über 5%. Dabei musste noch 2007 ein Defizit verzeichnet werden. Das Land zieht grosse ausländische Direktinvestitionen an. Die Investitionen Koreas liegen nun über denen Japans. Mit der grössten Fabrik von Samsung (SMSN 1049 2.34%) ausserhalb Koreas sind Smartphones zu einem wichtigen Ausfuhrprodukt von Vietnam geworden.
«Doch auch in Vietnam hat die Abneigung gegen Schwellenländeranlagen die Performance der Aktien stocken lassen», erklärt Martinelli. Einen Schub verspricht er sich von politischen Reformen – besonders der Staatsbetriebe: «Das war zwar immer im Gespräch, aber seit 2008 ist eigentlich nichts mehr passiert.» Bis zu 300 Unternehmen sollen in den nächsten zwei Jahren privatisiert werden. Bei kotierten Gesellschaften soll die Staatsbeteiligung abgebaut werden. Für den Staat ist der Mittelzufluss wichtig: «Das Cash wird für Infrastrukturmassnahmen gebraucht», erklärt Martinelli.
Reformen erwartet
Eine andere wichtige Reform ist die Lockerung des Höchstanteils für Ausländer an einem Unternehmen. Er soll bei nicht strategisch wichtigen Gesellschaften von 30 auf 60% heraufgesetzt werden. «Das ist schon seit mehr als einem Jahr im Gespräch. Immer wieder sind die Kurse angesprungen, wenn die Lockerung diskutiert wurde», erzählt der Portfolio-Manager. Nun habe die Wertpapieraufsicht eine baldige Reform öffentlich angekündigt. Viele Schwergewichte im vietnamesischen Aktienindex sind für Ausländer nur von anderen Ausländern zu kaufen – für eine Prämie. «Als wir unsere Beteiligung an Vinamilk reduziert haben, konnten wir beim Verkauf einen Aufschlag von 10% zum Kurs einstreichen.»
Die Privatisierung von Staatsunternehmen und -beteiligungen sowie die Lockerung der Ausländerquote könnten mehr Anlagemöglichkeiten für Ausländer eröffnen. «Zwar schauen viele Leute auf den Markt, aber für die ganz grossen Institutionen ist er noch zu klein», meint Martinelli. In der Sektorallokation setzt Dragon Capital auf die zyklische Erholung: «Wegen des Ausbaus der Infrastruktur sind Baufirmen interessant», meint Martinelli. Bei den Banken könne es dauern, bis die Bilanzen bereinigt seien. Doch auch hier zeigt er sich optimistisch: «Viel schlechter kann es nicht werden.» Die Bewertungen seien so niedrig, dass selbst eine negative Überraschung bei den notleidenden Bankkrediten kaum Kursrückschläge auslösen dürfte.
Vietnams Aktien sind nicht mehr extrem günstig. Doch die Wirtschaft hat sich stabilisiert, und die Kursübertreibungen haben sich abgekühlt. Die eigentliche Rally könnte noch bevorstehen, wenn Inländer und Ausländer zurückfinden.
Source: fuw.ch
Featured image credit: Justin Mott/Bloomberg